Die Brutto-Netto Panne: Notstromaggregat für 154.000€

Die Beschaffung eines Notstromaggregats, ursprünglich für 120.000€ geplant, soll aufgrund eines „Kommunikationsfehlers“ nun über 154.000€ kosten. Der Stadtrat hat Ende September 2022 mehrheitlich beschlossen, „zur Sicherstellung der kritischen Infrastruktur, ein mobiles Notstromaggregat zu beschaffen“.

Die Verwaltungsspitze erläuterte, dass „durch die Konfliktsituation zwischen Russland und der Ukraine sowie der damit einhergehenden Verknappung von Rohstofflieferungen das Thema der unabhängigen Stromversorgung immer wichtiger wird“. Weiter heißt es: „Für den Bevölkerungsschutz und die Katastrophenhilfe sollen Feuerwachen als sogenannte „Leuchttürme“ fungieren und während eines flächendeckenden Stromausfalls als Anlaufstellen für die Bürger und Bürgerinnen dienen“, so die Verwaltungserläuterung. Auf weitere Fragen zum Notstromaggregat geht die Verwaltungsspitze in einer FAQ ein.

Die Stadtverwaltung hat ermittelt, dass ein mobiles Notstromaggregat mit einer Mindestleistung von 100 KVA beschafft werden sollte. Die Beschaffungskosten eines 100 kVA Generators liegen nach Ansicht der Verwaltung bei ca. „1.000 € / KVA, also bei rd. 100.000 € zzgl. MwSt. = rund 120.000€“, heißt es im Beschlussvorschlag. „Der Beschaffungszeitraum eines solchen Aggregates liegt nach Angaben der Hersteller bei ca. 50 Wochen“, wie die Verwaltung erst im vorletzten Satz der 4-seitigen Vorlage durchblicken lässt.

Ende März teilte die Verwaltung mit, dass „aufgrund eines Kommunikationsfehlers fälschlicherweise bei den Kosten der Netto-Preis angegeben wurde“. Das Notstromaggregat soll nun 154.410,72€ anstatt 120.000€ kosten. Die Verwaltungsspitze hatte die Kosten für das Notstromaggregat seinerzeit aber ausdrücklich mit 120.000 € inklusive MwSt. angegeben und behauptet nun, dass nur der Netto-Preis angegeben wurde? Das ist offensichtlich gelogen.

Die zusätzlich benötigten Mittel von über 34.000€ wurden bereits im Dezember „einfach“ per Dringlichkeitsentscheid zwischen Bürgermeisterin Pietschmann und einem einzelnen Ratsmitglied beschlossen. Solche Entscheidungen dürfen getroffen werden, wenn der Stadtrat bzw. der Haupt- und Finanzausschuss „nicht rechtzeitig“ einberufen werden können und anderenfalls „erhebliche Nachteile oder Gefahren“ zu befürchten wären.

Eine Einberufung des Rates unter verkürzten Ladungsfristen ist immer möglich – siehe Beispiel Traglufthalle. Welche erheblichen Nachteile oder Gefahren im Raum stehen, dürfte zumindest auch mit Blick auf die Lieferzeit von ca. 50 Wochen ein Rätsel sein..

Bürgermeisterin und ein Ratsmitglied haben den Dringlichkeitsentscheid unterschrieben. Eine solche „getroffene Entscheidung ist dem Stadtrat in der nächsten Sitzung zur Genehmigung vorzulegen“, heißt es in §60 Gemeindeordnung NRW. Bürgermeisterin Pietschmann hat die Dringlichkeitsentscheidung dem Stadtrat erst in seiner übernächsten Sitzung Ende März vorgelegt. Die Entscheidung wurde von CDU, GRÜNE, SPD, AfD und WGME durchgewunken.

„Kommunikationsfehler“ oder doch nur ein schlechter Taschenspielertrick? In jedem Falle wurden hier die Vorschriften der Gemeindeordnung NRW missachtet. Konsequenzen? Vermutlich wieder keine. Anders als im Sportverein gelten in einer öffentlichen Verwaltung gesetzlich vorgeschriebene Spielregeln, die für alle verbindlich sind.

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